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Christian Spiess - Alles nur ein Spiel

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 —  Story
  • Filler Rob web
    Rob Filler
    Copywriter

Wenn ein namhafter Schweizer Spielzeughersteller ein neues Produkt herausbringt und dich als dessen Designer nennt, dann hat man es geschafft – oder, Christian Spiess? Wir haben mit ihm gesprochen, auch darüber, wie hilfreich der Creative Hub für ihn dabei war.

Bei Naef Spiele unter Vertrag genommen, für den Swiss Design Award nominiert, die NZZ will berichten – es läuft gerade für Christian Spiess. Und das alles nur wegen TAWA. So heisst das von ihm erdachte Lege- und Stapelspiel. Es besteht aus 16 ungewöhnlich gefrästen Holzklötzen, mit denen man immer neue erstaunliche Formationen und Muster bilden kann. "Klar ist das mein bisher grösster Erfolg," sagt Spiess, "aber 'geschafft' hat man da noch lange nichts, und darum geht es auch gar nicht."

TAWA ist nur eine von vielen Schöpfungen des aus Biel stammenden und jetzt in Zürich ansässigen Produktdesigners. Aber sicher diejenige, die seiner weiteren Karriere einen wichtigen Schub verpassen wird. Für den 36-jährigen ist TAWA zugleich ein Spiegelbild vieler wichtiger Erkenntnisse, die er im Lauf der Zeit über sich selbst gesammelt hat.

Die erste wichtige Erkenntnis gewann er schon in seiner Kindheit. "Ich wollte immer mit Material arbeiten, damit etwas anstellen, es verändern. Meine Eltern hatten eine grosse Freude an mir, als ich diverse Haushaltsgeräte auseinandergenommen und ganz anders zusammengebaut habe." Spiess lacht in Erinnerung daran und erzählt von seinen ersten beruflichen Schritten im Handwerk: "Mein Welschlandjahr (Anm. d. Red.: Schnupperjahr in der französischen Schweiz) habe ich bei einem Zimmermann in Vevey am Genfersee gemacht, meine anschliessende Ausbildung zum Dekorationsgestalter an der CEPV, der Schule für angewandte Kunst, im selben Ort." 

Doch zum Dekorationsgestalter fühlte sich Spiess nicht berufen. Das merkte er bei mehreren Bewerbungsgesprächen in grossen Mode- und Möbelhäusern: "Dort ging es immer nur darum, Farben auszuwählen, Objekte zu verrücken oder Schaufensterpuppen anzuziehen – ganz anders als noch in der Lehre, als ich Tische bauen durfte." Nach einer kurzen Zeit als freischaffender Dekorateur war ihm seine zweite wichtige Erkenntnis klar: "Ich will mich nicht bloss um die Fassade kümmern, sondern tiefergehen: in die Idee, Funktion und Beschaffenheit eines Produktes." Er entschied sich, diesem Drang zu folgen. Nach einem Auslandsaufenthalt auf einer Ranch in Kanada und dem Zivildienst in einer Behinderten-Holzwerkstatt schrieb er sich an der ÉCAL in Lausanne ein und studierte Industriedesign. Gleich im Anschluss daran wechselte er nach Paris, wo er vier Jahre für das renommierte Studio von Ronan & Erwan Bouroullec tätig war. "Dort habe ich viel mitgenommen für meine heutige Arbeit als selbstständiger Industriedesigner: das kompromisslose Dranbleiben, das Suchen nach der besten Lösung."

Mit dieser dritten Erkenntnis entstand schliesslich auch TAWA. Spiess war von seiner Idee so überzeugt, dass er das Spiel an den Markt bringen wollte. Er reichte es bei der Berner Design-Stiftung ein und hatte Erfolg: 2016 bekam er das Fördergeld für eine Vorserie. Gemeinsam mit der Behindertenwerkstatt, wo er einst seinen Zivildienst verrichtet hatte, wurden die ersten 120 Spielsets produziert.

Die Berner Design-Stiftung war es auch, die Spiess zum Creative Hub brachte. "Ich hatte wirklich keinen blassen Schimmer von Business-Plänen, Kostenkalkulation, Preisgestaltung oder auch vom Marketing. Der Creative Hub half mir hier super auf die Sprünge." Spiess besuchte Creative Committed, das 6-monatige interaktive Workshop-Programm. "In dieser Zeit entwickelte ich auch den Namen TAWA, denn mir wurde klar, dass es nicht allein um ein gutes Produkt, sondern um einen echten Markenartikel geht." Vielleicht war dies auch der endgültige Auslöser dafür, dass 2017 der Edel-Spielzeughersteller Naef auf Spiess aufmerksam wurde und ihm anbot, TAWA auf den Markt zu bringen. Und so kam es dann auch. 

Doch Christian Spiess beschränkt sich keineswegs auf die Entwicklung von Holspielzeug. Zu seinem Portfolio zählen raffinierte Regalsysteme genauso wie ein asymmetrischer Klinkerstein für ungewöhnliche Hausfassaden. Aktuell arbeitet er mit einem befreundeten Spitzensportler an einem neuartigen Fitnessgerät. Nebenbei plant er komplette Büroräume für Firmen und entwickelt die Möbelsysteme gleich mit.

"Am Ende geht es darum, Idealismus und Geschäft zu verbinden." Dass dies durchaus funktionieren kann, ist Spiess' vierte wichtige Erkenntnis. Und sicher nicht die letzte auf seinem spannenden Weg.

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